Shafirion hat geschrieben: ↑So 25. Okt 2020, 12:01
bvbcol hat geschrieben: ↑Sa 24. Okt 2020, 20:59
Lieber Shafirion, wir wollen doch jetzt nicht ernsthaft noch darauf warten, dass sich Dahoud bei uns als der spielbestimmende Mittelfeldmotor entwickelt.
Dafür spielt er einfach zu unkonztant, auch heute.
Bei mir ist einfach kein Optimismus, bezüglich seiner Leistungsfähigkeit, mehr vorhanden, auch wenn er mal ein "ansprechendes Spiel" gemacht hat.
Es reicht einfach nicht für die weitere Ansprüche beim BVB.
Lieber bvbcol, ich habe das mal in den passenden Thread ausgelagert. Falls Dich meine Meinung zu Dahoud ernsthaft interessiert, möchte ich sie gerne etwas ausführlicher darlegen. Zunächst: Ich halte es auch nicht mehr für wahrscheinlich, dass Dahoud noch den Durchbruch bei uns schafft. Deshalb schrieb ja auch nur, dass ich es für "nicht ausgeschlossen" halte und noch einen letzten Rest Hoffnung hege. Warum?
Das Talent ist ja offensichtlich da. Ich würde das Kernproblem auch in der fehlenden Konstanz sehen. Fehlende Konstanz muss nicht immer ein unüberwindbares Problem sein; es kommt da m.E. sehr stark auf die dahinterstehenden Gründen an. Ich kann das am besten erklären, wenn ich Dahoud mit Brandt vergleiche, möchte dazu aber betonen, dass dabei vieles auf meiner sehr subjektiven Wahrnehmung beruht und teils spekulativ ist.
Beide haben auf den ersten Blick ganz ähnliche Probleme. Bei Brandt habe ich aber immer das Gefühl, seine leichten Fehler sind eher auf eine gewisse Arroganz und Nachlässigkeit zurückzuführen. Und sein schwaches Zweikampfverhalten ist m.E. nicht nur Einstellungssache, sondern hat viel mit fehlender Zweikampffähigkeit zu tun. Das sind alles Dinge, die sich nur sehr schlecht beheben lassen. Falls meine Beobachtungen stimmen, geht es zum Teil um ein Einstellungsproblem, das vermutlich tiefer verurzelt ist - und zum anderen um eine fehlende Fähigkeit. Das spiegelt sich dann alles in inkonstanten Auftritten und diese Form fehlender Konstanz ist wahrscheinlich schwer abzustellen.
Bei Dahoud habe ich nie den Eindruck, dass er ein ähnliches Einstellungsproblem hat. Er wirkt, wenn überhaupt, oft übermotiviert. Wenn Brandt ein Ball verspringt, sagt seine Körpersprache: "so what?". Kommt schon der nächste Ball. Als Dahoud gegen Hoffenheim Bälle versprungen sind, hat er direkt wie wild hinterhergegrätscht. Gestern gab es auch eine Szene, wo er wie wild im Mittelfeld von einem Zweikampf in den nächsten ist und von irgendwo kam der Zuruf: "Mo, ruhiger!" Ich finde es insgesamt spannend, dass man jetzt in Corona-Zeiten so viel von der Kommunikation auf dem Platz mitbekommt. Dahoud erkennt man wegen seiner etwas "quiekenden" Stimmt besonders gut und er kommuniziert auffällig viel. Gestern war da eine Szene, wo Schalke eine wenig gefährliche Umschaltsituation hat und Sancho deshalb zurückmusste, das aber erst einmal gemütlich gemacht hat. Dann kommt der Zuruf von Dahoud: "Jadon, komm, das ist Dein Ball, komm, komm, komm!" Solche Kleinigkeiten zeigen sehr schön, wie motiviert er ist.
Wenn ich also spekulieren müsste, woher diese fehlende Konstanz gerade im Passspiel kommt, würde ich sagen: Er will oft zu viel - oder jedenfalls zu viel zeigen. Falls das zutrifft, wäre es ein Grund für fehlende Konstanz, den man deutlich leichter beheben kann als bei Brandt. Insofern würde es mich einfach sehr interessieren, wie Dahouds Leistungen sich einpendeln, wenn er mal zwei, drei richtig gute Spiele macht und/oder ein paar Spiele am Stück. Das macht dann vielleicht auch verständlich, warum ich mich im Spieltags-Thread freue, wenn Dahoud so gut ins Spiel kommt - und warum ich mich so ärgere, wenn dann wieder Fehlpässe gezählt und ins Lächerliche gezogen werden, während seine im Übrigen gute Leistung völlig unterschlagen wird. Das gilt übrigens auch deshalb, weil Dahoud immerhin unser Trikot trägt und sich nie etwas hat zu schulden kommen lassen. Er zeigt, wie gesagt, immer vollen Einsatz. Deshalb finde ich es schon verstörend, warum auf ihm so viel rumgehackt wird, während bspw. ein Brandt (jedenfalls bis vor kurzem) eher in Watte gepackt wurde, obwohl es bei ihm oft an Arbeitsverweigerung grenzt.
Damit kommen wir zum letzten Punkt, warum ich meine Resthoffnung pflege. Ein konstanter Dahoud wäre eine interne Lösung für ein grundlegendes Problem, das wir seit Gündogans Abgang haben (mit Bellingham ist nun aber eine weitere potenzielle Lösung verpflichtet worden): Bis Bellingham kam, ist er der einzige quirlige Box-to-Box-Sechser, den wir haben. Einer, der auch mal im Eins-zu-Eins am Gegner vorbeikommt, der das Spiel schnell machen kann und mal ins Risiko geht. Ich bin ein glühender Bewunderer von Axel Witsel. Alles, was er macht, sieht elegant aus; seine Ruhe in praktisch jeder Situation tut grundsätzlich der ganzen Mannschaft gut. Aber zur Wahrheit gehört auch, dass Witsels eher ruhige Spielweise auch ein Problem sein kann, und zwar gerade in den Spielen, in denen wir uns so schwer tun: gegen tiefstehende Gegner, die praktisch nur destruktiv agieren. Witsel spielt da eigentlich immer nur leichter Bälle, er verlagert und er verlagert meistens eher behäbig. Überraschungsmomente kommen von ihm eigentlich nie. Da könnten Dahouds schnelle Drehungen und seine etwas risikofreudigere Spielweise ein Schlüssel sein.
Und zum Schluss der Klarheit halber: Ich will nicht behaupten, dass Mo bei uns noch der "spielbestimmende Mittelfeldmotor" wird. Die Anlagen dafür bringt er aber schon mit und ich würde mich freuen, wenn er noch die Kurve bekommt. Das wäre doch für alle das schönste - und deshalb verstehe ich nicht, wenn jemand bei ihm jeden Fehlpass zählt und mit einem höhnisch lachenden Smiley quittiert.