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von El Emma » Fr 13. Mär 2020, 21:45
Heute sind dann endlich die Maßnahmen ergriffen worden, die der Virologe Kekulé am 2. März bei hart aber fair schon gefordert hatte: die Schließung aller Kitas und Schulen im Land. Jetzt kann man natürlich sagen: 14 Tage zu spät, was objektiv gesehen stimmen mag. Nur wäre ein solche Entscheidung zu dem Zeitpunkt politisch noch überhaupt nicht durchsetzbar gewesen. Herr Laumann saß ja mit in der Runde und hat versucht, business as usual zu signalisieren, weil Politiker auch niemals Ausgangspunkt für eine Panik in der Bevölkerung sein dürfen.
Schauen wir uns mal den PSG - BVB-Thread an und zählen mal, wie viele Einträge sich noch Anfang dieser Woche gegen ein Spiel vor leeren Rängen ausgesprochen haben, nach dem Motto: so schlimm wird es doch niemals kommen. Heute ist es dagegen schon fast Konsens, die Liga vorzeitig zu beenden.
Hat jemals etwas seit dem letzten Weltkrieg die Lage auf diesem Globus so schnell so umfassend verändert, wie dieses Virus? Ich wüsste nicht.
Aber ist das alles nur fürchterlich? Für mich persönlich kann ich sagen, dass ich mir natürlich Sorgen mache um meine Familie, die Angehörigen, die Freunde und Kollegen, kaum aber um mich selbst. Und wenn man es von einer höheren Warte aus betrachtet, liegt in der aktuellen Krise (wie in jeder übrigens) auch eine ungeheure Chance. Nicht nur, dass die Erde sich mal einen kurzen Augenblick erholen kann, weil die Ausbeutung von Ressourcen, die Verschmutzung von Luft, Wasser und Land mal für eine Zeitlang nicht so dynamisch zunehmen werden, wie es ohne Corona der Fall gewesen wäre. Dieser Effekt wird auch nach einem halben oder ganzen Jahr, in dem das Virus über den Globus wandert, sicher nur marginal sein. Aber es wird uns zeigen, ob es auch ein Weiterexistenz ohne Wirtschaftswachstum, diese Meta-Lebenslüge der Menschheit, geben kann.
Nun ist die Weltgemeinschaft dazu gezwungen, sich etwas einfallen zu lassen, damit die Zivilisation (gerade) ohne eine expansive Ökonomie besteht. Ausnahmslos alle müssen derzeit zurückstehen, auch die größten Egoshooter sind vor dem Virus nicht sicher, und ebenso wie sie darauf angewiesen sind, dass andere sich vernünftig verhalten, müssen sie es selbst für andere praktizieren. Das ist eine Chance für einen Wertewandel ohnegleichen und dieser würde den Neoliberalismus, der vor 40 Jahren seinen Siegeszug angetreten hat, plötzlich umstürzen lassen.
Das ist die Hoffnung, die sich bei mir mit Corona verbindet. Es muss nicht zwingend nur die radikalen Ränder erstarken lassen; es kann sich darüber auch die Mitte der Gesellschaften, die nun besonders gefordert ist, noch einmal neu erfinden. Aber vielleicht ist es auch die letzte Gelegenheit dafür.